Ein herzliches Willkommen auf der Webseite der Evangelischen Kirchengemeinden Dalheim, Dexheim und Schwabsburg.
Wir versuchen Sie auf vielen Wegen zu erreichen, mit Gottesdiensten, Veranstaltungen, Podcasts. Diese finden Sie hier. Die einzelnen Gottesdiensttermine und Informationen dazu finden Sie auf der Seite Gottesdienste.
Wir bieten Ihnen drei Sprechstunden in den drei Kirchengemeinden an unterschiedlichen Tagen nach telefonischer Vereinbarung an.
Montags von 17.00 - 18.45 Uhr Sprechstunde in Schwabsburg im evangelischen Gemeindehaus
Freitags von 17.00 - 18.45 Uhr Sprechstunde in Dalheim im evangelischen Gemeindehaus
Mittwochs von 18.00 -20.00 Uhr Sprechstunde in Dexheim im evangelischen Pfarrbüro
Bitte melden Sie sich bei mir vorher an! Sollten Sie noch Fragen oder Anregungen haben, kontaktieren Sie uns. In froher Erwartung einer wertschätzenden und gesegneten Zusammenarbeit.
Ihr Pfarrer Gerhard Fitting
Stolpersteinverlegung in Schwabsburg, Hauptstraße 33, am 05. April 2025 um 9.30 Uhr


Fahrt der Konfirmanden nach Hadamar
„Ein wichtiger Prozess der Vergangenheitsbewältigung“
Konfirmandinnen und Konfirmanden bereiten die Stolperstein-Verlegung für ein Opfer der NS-Krankenmorde in Schwabsburg vor
Wie wenig die Vergangenheit vergangen ist, wie sehr sie vielmehr in unsere Gegenwart hineinragt und unser Leben bestimmt, erfuhren zuletzt die Konfirmandinnen und Konfirmanden aus Schwabsburg, Dexheim und Dalheim. Unter Anleitung von Pfarrer Gerhard Fitting und Jörg Adrian, im Geschichtsverein Nierstein zuständig für die Gedenk- und Erinnerungsarbeit, erarbeiteten sie an Quellenmaterialien den Lebenslauf eines aus Schwabsburg stammenden Opfers der NS-Krankenmorde sowie die ideologischen Hintergründe dieser Verbrechen.
Zuvor hatten Angehörige den Geschichtsverein Nierstein um Unterstützung bei den Recherchen zu getöteten Familienmitgliedern gebeten, gemeinsam konnten deren Biographien weitgehend rekonstruiert werden. Den Familien wie auch den Verantwortlichen in Geschichtsverein, Stadt und Kirchengemeinde ist es ein Anliegen, dass künftig an die ermordeten Vorfahren erinnert wird. „Die Verlegung eines Stolpersteins zum Gedenken an die Verbrechen, die im Dritten Reich an Behinderten begangen wurden, ist auch für die Kirchengemeinde Schwabsburg ein wichtiger Prozess der Vergangenheitsbewältigung, an der unsere Konfirmanden Anteil nehmen sollen“, erklärt Pfarrer Gerhard Fitting.
Die Mordmaschinerie, die im Schatten des Weltkrieges im Deutschen Reich anlief, war furchtbar: Auf der Grundlage eines auf den 1. September 1939 datierten „Führererlasses“ verübten die Nationalsozialisten unter dem Mantel der sogenannten „Euthanasie“ ein groß angelegtes Verbrechen in mehreren unterschiedlich organisierten Aktionen. Dabei wurden mehr als 200.000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen in psychiatrischen Anstalten getötet – ein systematischer Massenmord, der nicht irgendwo weit weg stattfand, sondern gewissermaßen vor der eigenen Haustür, und der gleichzeitig der Ermordung der europäischen Juden den Weg bereitete.
Nach Erkenntnissen des Geschichtsvereins Nierstein befanden sich mindestens 24 Menschen aus Nierstein und Schwabsburg während der NS-Zeit in verschiedenen psychiatrischen Anstalten. Sechs von ihnen wurden nachweislich im Zuge der „Aktion T4“ zwischen Januar und August 1941 in Hadamar ermordet. Wahrscheinlich weitere fünf Männer und Frauen wurden im Rahmen der sogenannten „dezentralen Euthanasie“ ab 1941 an unterschiedlichen Orten getötet. Zwei kleine Jungen fielen der sogenannten „Kinder-Euthanasie“ auf dem Eichberg zum Opfer. Sieben Anstaltspatientinnen und -patienten überlebten aus verschiedenen Gründen die Verfolgung.
Die Konfirmandinnen und Konfirmanden setzten sich nun mit dem Lebenslauf eines Opfers dieser Krankenmorde auseinander. Sie werteten Eintragungen im Geburtsregister ebenso aus wie einzelne Blätter aus der Krankenakte aus, die noch kurz vor der Verlegung in die Tötungsanstalt Hadamar angelegt wurde. Sie beschäftigten sich darüber hinaus mit der menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten, namentlich mit ihren rassenhygienischen Vorstellungen von „wertvollen“ und „minderwertigen“ Menschen, die zur Vernichtung vermeintlich „lebensunwerten Lebens“ führte – und kontrastierten sie mit dem christlichen Menschenbild.
„Wir haben auch die Gelegenheit, mit Angehörigen der Ermordeten über deren Motivation zur Aufarbeitung und Erinnerung zu sprechen. Das ist eine wertvolle Erfahrung für alle Beteiligten“, so Jörg Adrian. Auf dieser Grundlage erstellen die jungen Leute begleitende Texte zum Gedenken, die anlässlich der Stolpersteinverlegung im kommenden Frühjahr vorgetragen werden sollen. Eine gemeinsame Fahrt zur Gedenkstätte in Hadamar eröffnete zusätzlich Einblicke und Einsichten.
Erstmals wird in Nierstein der Opfer von nationalsozialistischen Medizinverbrechen gedacht werden, für Schwabsburg hingegen wird es der erste Stolperstein überhaupt sein. Es muss allerdings nicht der letzte bleiben. „In manchen Familien besteht eine vage Ahnung, dass Vorfahren betroffen gewesen sein könnten, manche wissen es und konnten oder wollen bis heute nicht darüber sprechen. Es bleibt ein schwieriges Thema“, sagt Hans-Peter Hexemer, Vorsitzender des Geschichtsvereins.
Deshalb ist allen Beteiligten die Zusammenarbeit mit betroffenen Familien wichtig. So können sie bei der Recherche zu ihren Angehörigen unterstützt und, sofern dies gewünscht ist, die Verlegung weiterer Stolpersteine vorbereitet werden. Womöglich ergibt sich auch die Chance zum Austausch untereinander – über die jeweils eigenen Erfahrungen mit Verschweigen, Erzählen und Erinnern, über nicht selten vererbte Traumata.